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Michelson Phase-Shifter

Ein Michelson-Interferometer besteht gewöhnlich aus der Beleuchtung, dem Strahlteiler und einer Referenzoptik, die in der Regel ein sehr genauer, sphärischer Spiegel ist. Das divergente Strahlbündel der Beleuchtung wird durch den Strahlteiler in zwei gleichstarke, im Winkel von 90 Grad zueinander stehende,  Strahlenbündel geteilt. Ein Strahlenbündel trifft die zu prüfende Optik, das andere die Referenzoptik. Beide Strahlenbündel werden zurück zum Strahlteiler reflektiert und fokussiert.

Der Strahlteiler lenkt die beiden Strahlenbündel in die gleiche Richtung und ermöglicht so eine Überlagerung. Interferenzen zwischen den beiden Strahlenbündeln entstehen dann, wenn sich die Brennpunkte der beiden Strahlenbündel im gleichen Punkt treffen. Ist das Interferometer richtet justiert und zur zu prüfenden Optik ausgericht, sieht man gewöhnlich Streifenmuster, deren Streifen mehr oder weniger von einer geraden Linie abweichen. Diese Abweichungen entstehen durch die Fehler der optischen Oberflächen, die von den Strahlenbündeln auf ihrem Weg durch den Aufbau passiert wurden.

Michelson Phase-Shifter Bild 2

Um die Streifendurchbiegung, also die Optikfehler, auszuwerten, gibt es frei erhältliche Software wie z.b. OpenFringe. Diese sogenannte Streifenauswertung ermöglicht vertikale Auflösungen der Oberflächenfehler von ca. 1/15 der Wellenlänge der verwendeten Lichtquelle. Dieser Wert wird allerdings nur erreicht, wenn die Abstände der Interferenzstreifen zueinander nicht zu klein sind, d.h. durch eine entsprechende Ausrichtung des Interferometers zur zu prüfenden Optik kann man viele schmale Interferenzstreifen oder wenige breite Interferenzstreifen einstellen.

Da die Oberflächenfehler durch die Abweichung der Streifen von einer geraden Linie sichtbar gemacht werden, also Höhenabweichungen in seitlichen Auslenkungen der Interferenzstreifen sichtbar werden, hängt die vertikale Auflösung auch von der eingestellten Streifenbreite ab, d.h. je grösser die Abstände zwischen den Interferenzstreifen sind, desto deutlicher sind die Abweichungen von einer geraden Linie sichtbar.

Die bei der optischen Messtechnik im Amateurbereich als Lichtquelle verwendeten grünen Lasermodule arbeiten meistens bei einer Wellenlänge von 532nm. Mit einem wie oben beschriebenen Messaufbau und OpenFringe als Auswertesoftware sind also vertikale Oberflächenfehler bis ca. 532nm/15 = 35,5nm der Wellenfront sicher messbar.

Die horizontale Auflösung, also die Auflösung in der Ebene der zu prüfenden Optikoberfläche wird durch den Abstand der Interferenzstreifen bestimmt. Ein grösserer Abstand der Interferenzstreifen bedeutet eine geringere horizontale Auflösung, während ein kleinere Abstand eine höhere horizontale Auflösung bedeutet. Grössere Abstände erreicht man durch das Einstellen von wenigen, breiten Interferenzstreifen und kleinere Abstände durch das Einstellen von vielen, schmalen Interferenzstreifen.

Hier werden die Grenzen der Streifenauswertung sichtbar. Grössere Abstände der Interferenzstreifen bedeuten eine höhere vertikale Auflösung aber auch eine geringere horizontale Auflösung der Messung. Um eine vertikale Auflösung von 1/15 der Prüfwellenlänge zu erreichen, stellen wir bei der Streifenauswertung ca. 20 Interferenzstreifen auf der Testoberfläche ein. 20 Interferenzstreifen ergeben bei einer Testoberfläche von 10 Zoll (254mm) Durchmesser einen Streifenabstand von 12,7mm. Der Streifenabstand ist die horizontale Auflösung der Messung. In diesem Beispiel mit 20 Interferenzstreifen und 254mm Durchmesser der Testoberfläche also 12,7mm.

Michelson Phase-Shifter Bild 1

Diese geringe horizontale Auflösung der Streifenauswertung lässt lediglich eine sichere Bestimmung von Fehlern der Form der Testoberfläche zu. Formfehler sind grossflächige Oberflächenfehler wie Astigmatismus, Sphärische Aberration oder auch Koma. Fehler kleinerer Flächen wie Welligkeiten oder Rauheiten kann man mit der Methode der Streifenauswertung nicht sicher messen.

Auch die vertikale Auflösung von ca. 1/15 der Prüfwellenlänge ist zur Messung von Welligkeiten und Rauheiten nicht ausreichend. Da der Strehlwert aus dem RMS-Wert der Prüfoberfläche berechnet wird, entsteht bei 1/15 RMS Oberflächenfehler der Wellenfront, verursacht durch Welligkeiten und Rauheiten, bei 532nm Prüfwellenlänge ein Fehler von 17,5% beim Strehlwert. Selbst bei einem geringen Fehler von 1/50 RMS der Wellenfront verursacht durch Welligkeiten und Rauheiten, entsteht ein Fehler beim Strehlwert von 1,6%. Zur Messung von Fehlern kleinerer Flächen muss also eine Messmethode eingesetzt werden, die vertikale und horizontale Auflösung der Streifenauswertung übertrifft.

Wir setzen zu solchen Messungen die Phase-Shifting-Interferometry (PSI) ein. Um PSI mit dem Michelson-Aufbau anwenden zu können, verschieben wir die Referenzoptik mit einer Piezobühne linear in Richtung Strahlteiler. Die Daten der eingesetzten Piezobühne, sowie eine Beschreibung der Technik und Software zum Phase-Shifting finden Sie unter dem Menüpunkt 3D-Profiler.

Ausser einer linearen Verschiebung der Referenzoptik in horizontaler Richtung ist eine Verkippung der vertikalen Ebene der Referenzoptik in zwei Richtungen möglich. Dieses Verkippen ermöglicht es uns, Anzahl und Lage der Interferenzstreifen optimal einzustellen.

Motorisch verstellbare Bühnen zur Verschiebung des Michelson-Aufbaus in xy-Richtung dienen dazu, den Fokuspunkt des Interferogramms und die seitliche Ausrichtung zur zu prüfenden Optik genau einzustellen. Die beiden Bühnen sind von Thorlabs und werden durch Gleichstrommotoren angetrieben. Sie werden über Software gesteuert und erlauben Bewegungsauflösungen von 29nm bei einer gesammten Verfahrlänge von 12mm.

Michelson Phase-Shifter Bild 3

Zur Beleuchtung des Interferometers werden grüne Laserdiodenmodule von Picotronic eingesetzt. Die Leistung der Lasermodule beträgt 1mW und 5mW, sie arbeiten bei einer Wellenlänge von 532nm und haben Strahldurchmesser von 3mm und 5mm. Um die Strahlqualität zu erhöhen wird der Laserstrahl vor Eintritt ins Interferometer durch einen Raumfilter geleitet. Der Raumfilter stammt von "Edmund Optics" und besteht aus einer präzise einstellbaren Halterung, einem Mikroskop-Objektiv mit 20-facher oder 40-facher Vergrösserung und einer genauen Lochblende mit 2 Mikrometern oder 5 Mikrometern Durchmesser.

Der kollimierte Laserstrahl wird vom Mikroskop-Objektiv auf die Lochblende fokussiert und tritt hinter der Lochblende als "gereinigter", divergenter Laserstrahl ins Interferometer ein. Um eine optimale Verbesserung der Strahlqualität zu erreichen, muss der Durchmesser der Lochblende dem Strahldurchmesser des Lasers, der Laserwellenlänge und der Brennweite des Mikroskop-Objektivs angepasst werden.

Der Einsatz von Weisslicht zur Beleuchtung wie beim 3D-Profiler, ist beim Michelson Phase-Shifter nicht möglich, da sich die Weglängen von Referenzstrahl und Teststrahl stark unterscheiden. Bei der niedrigen Kohärenzlänge von Weisslicht wären Interferenzen zwischen Referenzstrahl und Teststrahl unmöglich. Die von uns eingesetzten, grünen Lasermodule können solch grosse Kohärenzlängen, nach entsprechender Vorlaufzeit (ca. 15 Minuten), produzieren, sodass auch Weglängenunterschiede von mehreren Metern mit kontrastreichen Interferenzen möglich sind.

Michelson Phase-Shifter Bild 4

Als Referenzoptiken werden sphärische Quarzspiegel mit 1 Zoll Durchmesser von Thorlabs eingesetzt. Es stehen jeweils 2 Paare mit ROC 50mm und 100mm zur Verfügung. Die Spiegelpaare sind jeweils dielektrisch beschichtet und unbeschichtet. Die dielektrisch beschichteten Referenzspiegel werden zum Vermessen von beschichteten Optiken eingesetzt, die unbeschichteten Referenzoptiken werden zum Vermessen von unbeschichteten Optiken verwendet.

Um das Interferometer kalibrieren zu können, stehen die Spiegel doppelt zur Verfügung. Beim Kalibrieren wird einer der beiden identischen Spiegel als Testoptik benutzt. Man vermisst also diesen Referenzspiegel und anschliessend die eigentlich zu prüfende Optik.

Mit Hilfe der Software "Gwiddion" wird dann das Messergebnis der zu prüfenden Optik vom Messergebnis der vermessenen Referenzoptik abgezogen. So werden die durch den Strahlteiler und die eigentliche Referenzoptik eingeführten optischen Fehler eliminiert und man erhält als Messergebnis die optischen Fehler der zu prüfenden Optik minus die optischen Fehler der zuerst vermessenen Referenzoptik. Um lediglich die Fehler der zu prüfenden Optik zu erhalten muss man noch die optischen Fehler der zuerst vermessenen Referenzoptik zum bisherigen Messergebnis dazu addieren.

Die Fehler der zuerst vermessenen Referenzoptik erhalten wir ohne die Fehler von Strahlteiler und eigentlicher Referenzoptik, indem wir diese Optik mit dem 3D-Profiler vermessen. Als Ergebnis der Addition erhält man dann die optischen Fehler der zu testenden Optik ohne andere Fehlerquellen.

Michelson Phase-Shifter Bild 5

Wie auf den Bildern vom Michelson Phase-Shifter zu sehen, benutzen wir zur Vermessung von Parabolspiegeln oder anderen, nicht-sphärischen Spiegeln eine Kompensationslinse. Die Linse stammt von "BMV Optical Technologies". Sie hat eine sehr hohe Qualität und kompensiert die Formunterschiede der zu vermessenden Optiken nahezu fehlerfrei.

Allerdings verkürzt die Linse auch die Brennweite der zu prüfenden Optik und generiert dadurch ein stark konvergentes Strahlenbündel, welches ein mindestens ebenso stark konvergentes Referenzstrahlenbündel erfordert, d.h. der Referenzspiegel des Michelson Phase-Shifters muss ein mindestens ebenso schnelles Öffnungsverhältnis besitzen.

Beispielsweise erzeugt die Kompensationslinse bei einem 10 Zoll f/4 Parabolspiegel aus dem f/8 Strahlenbündel (f/8 wegen ROC-Messung) ein f/3,7 Bündel, was bedeutet, dass hier ein Referenzspiegel mit Öffnungsverhältnis f/2 (wegen ROC = f/4) nicht mehr ausreicht, um Interferenzen über die gesammte Fläche der zu prüfenden Optik zu erzeugen. Hier muss also ein Referenzspiegel mit f/1 eingesetzt werden.

Die hohe Konvergenz der Strahlenbündel erzeugt hinter dem gemeinsamen Brennpunkt ein stark divergentes Strahlenbündel, d.h. das Bild des Interferogramms wird sehr schnell grösser als die Abmessungen des Bildsensors zur Aufnahme dieses Bildes. Um das gesammte Interferogramm einer solchen optischen Anordnung auf dem Bildsensor der Kamera abbilden zu können, benutzen wir eine Relaisoptik aus zwei hochwertigen Achromaten verschiedener Brennweiten, die als Verkleinerungsoptik wirkt. Diese Optik ist auf den Bildern hinter dem Strahlteiler zu sehen.

Michelson Phase-Shifter Bild 6

Zur Bildaufnahme am Michelson Phase-Shifter verwenden wir eine Kamera des Typs Canon EOS 600D. Die Kamera besitzt einen Bildsensor mit 18MP und erreicht bei Reihenaufnahmen eine Framerate von 3,7 Bildern pro Sekunde. Sie kann über die USB Schnittstelle mit Hilfe der mitgelieferten Software per Computer gesteuert werden und besitzt einen Live-View Modus, d.h. man sieht das aktuelle Bild mit einer Framerate von 20 Bildern pro Sekunde am Computerbildschirm und kann so die Auswirkungen von Einstellungsänderungen sofort verfolgen. Eine schöne Sache dieser Live-View-Modus, sowohl für die optische Messtechnik als auch für die Videoastronomie.

Bei der Aufstellung der Kamera hinter dem Interferometer ist allerdings darauf zu achten, dass kein direkter Kontakt zwischen Kamera und Interferometer besteht, da die Kamera beim mechanischen Auslösen des Spiegels, Vibrationen zum Interferometer überträgt, die das Interferogramm verschwinden lassen. Wir benutzen ein massives Kurbelstativ und einen verschiebbaren Querträger mit Kamerahalter um die Kamera am Interferometerausgang zu positionieren.

Wie unter dem Menüpunkt 3D-Profiler beschrieben, werden auch beim Michelson Phase-Shifter 7 Frames (Bilder) bei verschiedenen Phasenverschiebungen von Referenz- und Teststrahlenbündel aufgenommen. Die Bilder werden von der Kamera zum Computer übertragen und dort dann genauso wie beim 3D-Profiler mit Hilfe unserer Software verarbeitet, um ein hochaufgelöstes Oberflächenbild der zu prüfenden Optik zu erzeugen. Zur Bestimmung von vordefinierten Welligkeits- und Rauheitsparametern des Oberflächenbildes wird dann wieder das Software-Programm Gwiddion benutzt.

Michelson Phase-Shifter Bild 7

Um Messfehler durch Vibrationen wirksam zu unterdrücken steht der komplette Aufbau auf einer aktiv-schwingungsdämpfenden Plattform von Newport. Aktiv bedeutet, dass die 4 Schwingungsabsorber auf denen die Plattform steht, an ein Druckluftsystem mit konstantem Druck angeschlossen sind. Ein Absorberpaar und zwei einzelne Absorber können Ihren Luftdruck, also ihre Federung, voneinander unabhängig regulieren.

Durch diese Regelung können auftretende Vibrationen durch Gebäudeschwingungen, Autoverkehr, Gehen, Maschinen usw. sehr wirksam gedämpft werden. Ausserdem wird dadurch eine aktive Nivellierung der Plattform mit Genauigkeiten im Submillimeterbereich erreicht.

Laut Hersteller erreicht die Plattform bei vertikalen Vibrationsfrequenzen von 10Hz eine Dämpfung von 90%, bei horizontalen Vibrationsfrequenzen von 10Hz eine Dämpfung von 96%. Die horizontale Resonanzfrequenz der Plattform ist 3,6Hz (+10dB), die vertikale Resonanzfrequenz ist 3,2Hz (+12dB). Durch diese Eigenschaften werden die gewöhnlich in Wohngebäuden auftretenden, niederfrequenten Schwingungen (6-80Hz) sehr gut gedämpft.

Die vertikale Auflösung des Michelson Phase-Shifters liegt im Bereich von 1-3nm. Die horizontale Auflösung hängt von der Grösse der zu prüfenden Optik, vom eingesetzten Kameraobjektiv und der gewählten Bildauflösung ab. Als Kameraobjektive stehen drei Festbrennweiten (35mm, 50mm, 60mm Makro) und ein Zoomobjektiv (18-250mm) zur Verfügung.

Als Bildauflösung benutzen wir 2304x2304 Pixel. Wählt man das Kameraobjektiv jetzt so aus, dass der Durchmesser der Optikoberfläche 2000 Pixel des Bildes einnimmt, erhält man, bei einem Optikdurchmesser von 10 Zoll (254mm), eine horizontale Pixelauflösung von 127 Mikrometern. Die Auflösung des Michelson Phase-Shifters übertrifft  die Auflösung der Streifenauswertung damit in beiden Richtungen deutlich.

Der Aufbau eignet sich hervorragend dazu Oberflächenfehler der Optik, die durch Welligkeiten oder Rauheiten entstehen und Ausdehnungen bis in den  Submillimeterbereich haben, messtechnisch sicher zu erfassen. Um Oberflächenfehler kleinerer Ausdehnung sicher messen zu können, verwenden wir den 3D-Profiler.

Zukünftig ist geplant unsere Software so zu erweitern, dass auch Formfehler wie Astigmatismus, Sphärische Aberration oder Koma aus den Messdaten des Michelson Phase-Shifters sicher ermittelt werden können. Eventuell können wir dazu sogar die Auswerteroutinen von OpenFringe verwenden. Dann müsste nur die Form der Datenübergabe geändert werden.

Ihre Fragen zum Thema, Ihre Kritik oder Ihre Verbesserungsvorschläge können Sie gerne per Telefon oder Email an uns weitergeben.