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Optische Messtechnik

Wir benutzen die optische Messtechnik zur Prüfung der Übertragungseigenschaften von Optiken, die in der praktischen Astronomie eingesetzt werden. Die Beobachtung astronomischer Objekte stellt sehr hohe Ansprüche an die optische Qualität der Geräte.

Hier müssen Optiken in der Lage sein, schwache Kontraste und Punktlichtquellen bei niedrigen bis zu hohen Vergrösserungen gut wiederzugeben. Das gelingt nur zufriedenstellend mit ausserordentlich hoher Qualität. Die Herstellung solch hochwertiger Optiken ist allerdings nicht einfach und recht teuer.

Man sollte sich überlegen, ob günstige Angebote ein solch hohes Qualitätsniveau garantieren können. Unsere bisherigen Messungen zeigen, dass dem nicht so ist. Die Qualität der Produkte schwankt umso mehr, je geringer der Preis im Vergleich zu ähnlichen Qualitätsprodukten ist. Hier wird der Kauf einer guten Optik zum Glücksspiel und unabhängige, optische Prüfungen werden zur Notwendigkeit.

Wir versuchen die Qualität einer Optik so umfassend wie möglich zu prüfen. Darum bietet Wellenform nicht nur die quantitative Prüfung auf grossflächige Fehler der optischen Oberfläche wie Astigmatismus oder sphärische Aberrationen an, sondern auch die quantitative Prüfung von Welligkeit und Rauheit der optischen Oberfläche.

Die quantitative, messtechnische Erfassung der Reflektivität von Spiegelbeschichtungen oder des Transmissionsgrades von Linsenvergütungen im sichtbaren Spektrum ist ebenfalls Bestandteil der Zertifizierung. 

Zur quantitativen Bestimmung grossflächiger Oberflächenfehler wie Astigmatismus, Sphärische Aberration oder Koma verwenden wir je nach Messaufgabe das Bath-Interferometer, das Michelson-Interferometer oder das PDI-Interferometer. Die so erzeugten, statischen Interferogramme werden über das Verfahren der Streifenauswertung mit der kommerziellen Software "QuickFringe" analysiert.

Zur quantitativen Bestimmung von Welligkeit und Rauheit der Optikoberfläche verwenden wir den Michelson-Phase-Shifter und den 3D-Profiler. Beide Geräte benutzen zur Oberflächenanalyse das Verfahren der Phase-Shifting-Interferometrie, das sich zur berührungslosen Prüfung von glatten, optischen Oberflächen ganz hervorragend eignet. 

Bei der Bestimmung der Qualität von Linsenoptiken spielt, im Gegensatz zu Spiegeloptiken, die Eigenschaft der Dispersion (Wellenlängenabhängige Lichtbrechung) der verwendeten Linsenmaterialien eine grosse Rolle. Zur Bestimmung des aus Dispersion entstehenden Farblängsfehlers und des Gaußfehlers benutzen wir gängige Bewertungsverfahren der Messtechnik von astronomischen Objektiven.

Zur Bewertung des Farblängsfehlers benutzen wir die von Wolfgang Rohr beschriebene RC-Index-Zahl, deren Grösse von bei bestimmten Wellenlängen gemessenen Schnittweitenunterschieden des Objektivs im Verhältnis zu dessen  Schärfentiefe abhängt. Die Herleitung der RC-Index-Zahl wird hier beschrieben. Die Schnittweiten werden bei folgenden Wellenlängen gemessen:

  • 486nm (F-Linie)

  • 546nm (e-Linie)

  • 589nm (D-Linie)

  • 656nm (C-Linie)

Zur Unterscheidung von sehr guten 2-linsigen Apochromaten und sehr guten 3-linsigen Apochromaten messen wir, bei der Bestimmung des Farblängsfehlers solch hochwertiger Objektive, zusätzlich die Schnittweite der G-Linie bei 430nm Wellenlänge.

Der Gaußfehler von Objektiven beschreibt im allgemeinen Sprachgebrauch die Abhängigkeit der Oberflächenfehler von der Lichtwellenlänge. Nach Definition beschreibt der Gaußfehler allerdings nur den Öffnungsfehler (sphärische Aberration) in Abhängigkeit der Lichtwellenlänge (Lichtfarbe).

Im Normalfall werden Objektive so entwickelt, dass die wellenlängenabhängigen Oberflächenfehler im grünen Spektralbereich minimal sind. Der grüne Spektralbereich wird gewählt, da die Empfindlichkeit des menschlichen Auges hier am grössten ist.

Ein Qualitätsmerkmal hochwertiger Objektive ist nun, den farbabhängigen Öffnungsfehler (Gaußfehler) auch in den anderen Spektralbereichen des sichtbaren Spektrums so klein wie möglich zu halten. Den Gaußfehler von Apochromaten und Super Apochromaten bestimmen wir durch eine interferometrische Prüfung der Optik bei folgenden Wellenlängen:

  • 430nm (G-Linie)

  • 486nm (F-Linie)

  • 546nm (e-Linie)

  • 589nm (D-Linie)

  • 656nm (C-Linie)

Da die Unterscheidung der Qualität von Objektiven durch die Eigenschaft der Dispersion und der damit auftretenden wellenlängenabhängigen Fehler etwas unübersichtlich wird, haben wir uns für folgende Klassifizierung von Objektiven entschieden:

  Achromat Halb Apo Apochromat Super Apo
RC-Index-Zahl >2 1-2 0-1 0-1
Prüfwellenlängen1) 4 4 4 5
Gaußfehler2) - - >80% Strehl >90% Strehl
Strehlwert3),4) >80% >80% >90% >95%

1)bei 4: 486nm, 546nm, 589nm, 656nm; bei 5: zusätzlich 430nm

2)bei allen Prüfwellenlängen

3)bester Strehlwert bzgl. der gemessenen Wellenlängen

4)für Strehlwerte <80% sehen wir die Objektive als defekt/reparaturbedürftig an

Einzelne Objektive, vollständige Linsenteleskope oder Teleskope der Cassegrain-Familie prüfen wir in Autokollimation gegen sehr genaue Planspiegel. Derzeit haben wir die Möglichkeit die oben genannten Geräte bis 10" Optikdurchmesser und ca. 4 Meter Brennweite zu prüfen. In naher Zukunft werden wir solche Geräte bis etwa 16" optischem Durchmesser prüfen können.

Durch Anklicken werden die folgenden Bilder im neuen Fenster und vergrössert angezeigt.

BORG Fluorit-Objektiv in Autokollimation gegen den hochgenauen 6" Planspiegel

Optische Messtechnik Autokollimation 6" Referenz-Planspiegel 1Optische Messtechnik Autokollimation 6" Referenz-Planspiegel 2

 

SW Equinox 120ED in Autokollimation gegen den hochgenauen 10" Planspiegel

Optische Messtechnik Autokollimation 10" Referenz-Planspiegel 4Optische Messtechnik Autokollimation 10" Referenz-Planspiegel 1

Optische Messtechnik Autokollimation 10" Referenz-Planspiegel 2Optische Messtechnik Autokollimation 10" Referenz-Planspiegel 3

 

Parabolspiegel und sphärische Spiegel prüfen wir aus dem Krümmungsmittelpunkt (ROC) in Kompensation (Ross-Null-Konfiguration). Die als Kompensationslinse eingesetzte Ross-Null-Linse wurde sehr präzise gefertigt. Sie besitzt eine Unterkorrektur, die die Überkorrektur von parabolischen oder auch hyperbolischen Spiegeln in deren Krümmungsmittelpunkten aufhebt, also kompensiert. Im Gegensatz zu einer Messung in Autokollimation kann in Kompensation die ganze Spiegeloberfläche vermessen werden.

Derzeit sind wir in der Lage, Spiegel bis zu einem Optikdurchmesser von 20" und einer Brennweite von ca. 2 Metern zu prüfen. Nachfolgend Bilder vom Spiegel-Teststand und von der Ross-Null-Linse in korrekter Position vor dem Michelson-Phase-Shifter

10" F/4 Parabolspiegel im Spiegel-Teststand

Optische Messtechnik Spiegel Teststand 1Optische Messtechnik Spiegel Teststand 2

Ross-Null-Kompensationslinse vor dem Michelson-Phase-Shifter

Optische Messtechnik Ross-Null-Linse 1Optische Messtechnik Ross-Null-Linse 2

 

Planspiegel, Zenitspiegel und Zenitprismen prüfen wir in Autokollimation gegen sehr genaue sphärische Spiegel. Derzeit können wir solche Optiken bis zu einem Optikdurchmesser von 6" prüfen.

Elliptischer Planspiegel 2" in Autokollimation gegen die hochgenaue 6" Sphäre

Optische Messtechnik Autokollimation 6" Referenz-Sphäre 1Optische Messtechnik Autokollimation 6" Referenz-Sphäre

 

Die folgenden drei Bilder zeigen den Foucault-, den Lyot- und den Ronchi-Adapter. Die Adapter können im gleichen Messaufbau durch einfaches Umstecken  gegeneinander getauscht werden.

Optische Messtechnik Foucault-AdapterOptische Messtechnik Lyot-AdapterOptische Messtechnik Ronchi-Adapter

 

Die Sonnenbeobachtung im Licht der Wasserstofflinie H-alpha bei 656,28nm wird nicht zuletzt durch das wachsende Angebot an erschwinglichen Etalon-Sonnenfiltern oder ganzen Sonnenteleskopen immer beliebter. Aber auch hier hat sich durch Messung und Beobachtung gezeigt, dass eine Prüfung der Übertragungsparameter, durch die zweifellos vorhandenen Qualitätsunterschiede zwischen den Geräten einer Serie, absolut notwendig ist.

Die Zertifizierung von Sonnenteleskopen und Sonnenfiltern umfasst die Messung der Durchlasskurve, die Bestimmung der optischen Auflösung sowie die Messung der Kontrastübertragungsfunktion (MTF) nach ISO-Norm 12233.

Ihre Fragen zum Thema, Ihre Kritik oder Ihre Verbesserungsvorschläge können Sie gerne per Telefon oder Email an uns weitergeben.